19.12.2019
Die Rheinpfalz

Grünes Licht für Akku-Hybrid

Die heutigen Dieselfahrzeuge sollen in einem großen Teil der Pfalz von elektrischen Triebwagen abgelöst werden, die Strom sowohl aus einer Oberleitung als auch aus einer Batterie ziehen können.
Von Eckhard Buddruss

Neustadt. Die Versammlung des für den regionalen Schienenverkehr im südlichen Rheinland-Pfalz zuständigen Zweckverbands beschloss am Mittwoch erwartungsgemäß die Neuausschreibung des Betriebs mit Akku-Hybrid-Triebwagen, obwohl die Kosten voraussichtlich dabei etwas höher sind als sie beim Betrieb mit neuen Dieselfahrzeugen wären. Fritz Brechtel (CDU), Landrat des Kreises Germersheim und Vorsteher der Zweckverbands, verwies darauf, dass dank der neuen Fahrzeuge der CO2-Ausstoß im Vergleich zu den heutigen Dieselfahrzeugen um 64 Prozent gesenkt werden könne. Für diesen Aspekt nehme man die Mehrkosten in Kauf, habe dafür aber die kostengünstigste Technik ausgewählt und sich gegen die Brennstoffzellentechnik mit Wasserstoff entschieden, die einen ähnlichen großen CO2-Reduzierungseffekt hätte – aber zu deutlich höheren Kosten.

Mit einer Kapazität von rund 150 Sitzplätzen sollen die künftigen Akku-Hybridtriebwagen etwas größer sein als die heute dort eingesetzten Dieselfahrzeuge. Deren Ablösung soll stufenweise von Ende 2024 bis Ende 2026 erfolgen. In der ersten Etappe werden die beiden Linien (Regional-Express und Regionalbahn) auf der Strecke von Karlsruhe nach Neustadt (und teilweise weiter nach Kaiserslautern) umgestellt. Bei diesen beiden Linien sind beide Endbahnhöfe bereits elektrifiziert.

Im Dezember 2025 soll die Regionalbahn-Linie von Pirmasens nach Saarbrücken folgen, wobei die Elektrifizierung des Abschnitts zwischen Einöd und Zweibrücken für die Verlängerung der S-Bahn Rhein-Neckar hilfreich ist. In einer letzten Etappe folgen Ende 2026 dann die Regionalbahn-Linien von Pirmasens nach Kaiserslautern und Landau, von Kaiserslautern nach Kusel und Lauterecken sowie von Winden nach Bad Bergzabern. Zum Aufladen der Batterien sind an mehreren Stellen sogenannte Oberleitungsinselanlagen erforderlich. Vorgesehen sind diese in Kusel, Lauterecken, Landau und Winden (oder alternativ Bad Bergzabern). Hinzu kommt der Bahnhof Pirmasens Nord, bei dem zusätzlich ein Stück der stark ansteigenden Strecke zum Pirmasenser Hauptbahnhof (ohne den dazwischen liegenden Tunnel) elektrifiziert werden soll.

Aufwärtskompatible Lösung Heilmann betonte, dass alle diese Anlagen baulich und technisch so gestaltet werden, dass sie in eine spätere Gesamtelektrifizierung einer Bahnstrecke eingebunden werden können. Sie seien somit aufwärtskompatibel insbesondere mit der allseits geforderten Elektrifizierung der Bahnstrecke von Neustadt nach Wörth. Ein im Mai bei der vorausgegangenen Zweckverbandsversammlung in Bad Dürkheim vorgestelltes Gutachten der Technischen Universität Dresden war zum Ergebnis gekommen, dass die Elektrifizierung der Strecke Neustadt–Wörth auf die Kosten des Betriebs mit Akku-Hybrid-Fahrzeugen sehr positive Effekte hätte.

Das Zugangebot auf den künftigen Einsatzstrecken der Akku-Hybrid-Fahrzeuge soll weitgehend unverändert bleiben. Zu den Ausnahmen gehört ein neues zusätzliches Regional-Express-Zugpaar von Pirmasens nach Landau und zurück, das zur Entlastung der B 10 beitragen soll.

Ein zweites Los des künftigen Ausschreibungsnetzes soll dagegen weiter mit Dieselfahrzeugen befahren werden. Dazu gehört der Ausflugsverkehr auf der Zellertalbahn und der Wieslauterbahn sowie die Regionalbahn-Linie auf der Alsenzbahn von Kaiserslautern nach Bingen. Bei der Alsenzbahn soll dem Wunsch der Region nach mehr Direktverbindungen nach Mainz mit einem zweistufigen Konzept Rechnung getragen werden. Ab Ende 2023 soll die Anzahl der Direktverbindungen zwischen Kaiserslautern über Rockenhausen nach Mainz von zwei auf sieben steigen.

Bei der Neuvergabe der Verkehrsleistungen auf der Strecke von Germersheim nach Karlsruhe wird laut Brechtel montags bis freitags ein durchgängiger Halbstundentakt und ein „Mischbetrieb“ aus Karlsruher Stadtbahn und S-Bahn Rhein-Neckar angestrebt. Für die Stadtbahnzüge in die Karlsruher Innenstadt gibt es de facto keine Alternative zur Karlsruher AVG.

Kommentar: Wichtige Weichen richtig gestellt

Von Eckhard Buddruss

Der regionale Bahnverkehr ist bei dem kommunal dominierten und aktuell von Fritz Brechtel geleiteten Zweckverband in guten Händen.

Die Klimaschutz-Diskussion hat das Thema Schienenverkehr stark aufgewertet. An Forderungen nach einem Ausbau des Zugangebots fehlt es derzeit nicht. Zuständig für deren Erfüllung ist der Zweckverband mit Sitz in Kaiserslautern, an dessen Spitze derzeit der Germersheimer Landrat Fritz Brechtel (CDU) steht. Brechtel verwies gestern zu Recht auf die finanziellen Restriktionen. Mit dem Klimaschutzpaket der Bundesregierung werden zwar die Regionalisierungsmittel, die die Länder vom Bund für den Bahnverkehr bekommen, erhöht. Ein großer Teil des Mehrbetrags wird aber von steigenden Infrastrukturgebühren der Deutschen Bahn aufgefressen.

Die am Mittwoch in Neustadt getroffene Entscheidung für die Akku-Hybrid-Triebwagen ist ein gutes Beispiel für einen vernünftigen Kompromiss zwischen den Zielen, etwas für den Klimaschutz zu tun und gleichzeitig die Kosten im Auge zu behalten. Der Zweckverband muss auch einen Ausgleich finden zwischen einer Grundversorgung für die ländlichen Gebiete etwa in der Westpfalz und den dringenden Bedürfnissen in den Ballungsgebieten wie jetzt akut vor allem in Ludwigshafen. Bisher ist das recht gut gelungen. Es gibt jedenfalls keinerlei Anlass für Pläne, die kommunal dominierten Zweckverbände zu entmachten und deren Befugnisse de facto ins Mainzer Wirtschaftsministerium zu verlagern.

Eine gute Wahl ist auch der Zweibrücker Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) als neuer stellvertretender Verbandsvorsteher. Wosnitza identifiziert sich nicht nur stark mit der S-Bahn-Verlängerung nach Zweibrücken, sondern hat sich auch schon für die Belebung des Zweibrücker Bahnhofsgebäudes engagiert, das historisch bedeutend, aber leider in alles andere als exzellentem Zustand ist. Wosnitza bringt damit gute Voraussetzungen dafür mit, an die Tradition eines für den regionalen Bahnverkehr engagierten Pfälzer Oberbürgermeisters anzuknüpfen, die im gleichen Amt der damalige Speyerer OB Werner Schineller (CDU) begründet hat.